Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte übernimmt Trägerschaft für Geschichtsort Stadthaus
Für eine Dauer von zunächst 20 Jahren und mit unbefristeter Option auf Verlängerung übernimmt die SHGL den Betrieb des Geschichtsortes. Die Hamburgische Bürgerschaft beschloss gestern, der SHGL 100.000 Euro für die Einrichtung und jährlich 139.000 Euro für die Bewirtschaftung des Geschichtsortes zur Verfügung zu stellen.
Die Entwicklung des Geschichtsort Stadthaus
Im Stadthaus-Komplex am Neuen Wall und der Stadthausbrücke waren von 1933 bis 1943 u.a. das Hamburger Polizeipräsidium und die Leitstellen von Geheimer Staatspolizei und Kriminalpolizei untergebracht. In dieser Zentrale des Terrors und der Gewalt organisierte die Polizei die Verfolgung von politischen Gegnerinnen und Gegnern, von Jüdinnen und Juden, Sintize und Sinti, Romnja und Roma sowie weiteren Gruppen.
Seit 2018 erinnert der von der Quantum Immobilien AG als Projektentwicklerin der Stadthöfe eingerichtete Geschichtsort Stadthaus an diese Verbrechen. Ergänzt wird dieser durch Schautafeln im Arkadengang über den Bleichenfleet und einer Installation im weitgehend im Originalzustand erhaltenen sogenannten Seufzergang. Betrieben wurde der Geschichtsort bis Ende Februar 2022 von der Buchhandlung „Lesesaal“. Die in Kombination mit der Buchhandlung als unzureichend empfundene Fläche des Ortes ist seither Anlass von öffentlichen Protesten und Diskussionen über einem angemessenen Umgang mit Hamburgs NS-Vergangenheit. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen entstand auch das Bodenrelief Stigma, das seit Juni 2022 vor dem Stadthaus an die Vergangenheit des Ortes als ehemaliger Sitz der Polizei und Gestapo erinnert und auf die Folgen von Willkür, Gewalt und Verdrängung verweist.
Nach der Schließung der Buchhandlung kam die Eigentümerin der heutigen „Stadthöfe“, die Stadthöfe GmbH & Co. KG mit der Behörde für Kultur und Medien und der SHGL überein, dass die SHGL künftig den Geschichtsort Stadthaus betreiben soll. Die SHGL hat bereits zwei Dauerausstellungen für den Geschichtsort erarbeitet und den Ort seit 2019 mit pädagogischen und wissenschaftlichen Angeboten begleitet.
Umbau zum multifunktionalen Lernort
Künftig stehen für den Geschichtsort Stadthaus zusätzlich zur Ausstellungsfläche die bisher von Buchhandlung und Café genutzten Räumlichkeiten zur Verfügung. Hier will die SHGL einen multifunktionalen Veranstaltungs- und Seminarraum sowie eine Fläche für partizipative Informationsangebote einrichten. Der Umbau soll in den nächsten Wochen beginnen und im Frühjahr 2023 abgeschlossen sein.
Ausstellungsbesuch und Programm bis zur Wiedereröffnung
Trotz Umbauphase wird die Stiftung Möglichkeiten zum Besuch der Dauerausstellung am Geschichtsort „Das Stadthaus im Nationalsozialismus: Eine Zentrale des Terrors“ schaffen. Bis zum Jahresende wird die Ausstellung zunächst zu den Terminen der öffentlichen Stadthaus-Rundgänge öffnen:
Donnerstag, 6. Oktober 2022, 15–19 Uhr
Samstag, 29. Oktober 2022, 12–16 Uhr
Montag, 31. Oktober 2022, 15–19 Uhr
Donnerstag, 10. November 2022, 15–19 Uhr
Samstag, 26. November 2022, 12–16 Uhr
Donnerstag, 8. Dezember 2022, 15–19 Uhr
Samstag, 17. Dezember 2022, 12–16 Uhr
Dr. Carsten Brosda (Senator für Kultur und Medien): „Nachdem die Bürgerschaft nun den Weg frei gemacht hat für einen Betrieb des Gedenkortes Stadthaus in Trägerschaft der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte kann jetzt der Umbau beginnen. Im Dialog mit der Zivilgesellschaft konnten wir diesen Gedenkort nochmal deutlich stärken. Dieser Ort wird im Herzen der Stadt, dort wo von Polizei und Gestapo im Nationalsozialismus die Verbrechen begangen wurden, künftig auf vielfältige Weise an die Geschichte erinnern. Gemeinsam mit der Stiftung und dem Eigentümer wollen wir so die Erinnerung an die Geschichte lebendig halten, damit Willkür und Gewalt in unserer Gesellschaft keinen Platz mehr haben.“
Dr. Oliver von Wrochem (Vorstand Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen): "Wir freuen uns, den Geschichtsort Stadthaus in die Trägerschaft der Stiftung zu übernehmen. Dieser im Zentrum der Stadt gelegene Ort des nationalsozialistischen Terrors bekommt damit eine langfristige Perspektive. Wir wollen im Austausch mit Initiativen und Gruppen, die sich für eine Erinnerung an die NS-Verbrechen engagieren, einen lebendigen Ort der Information, des Lernens und der Begegnung entwickeln."